Das Unmögliche möglich machen

Peacecamp 9 2019 © Gerald Muthsam

Als Auszeit für israelische Jugendliche in Zeiten von Krieg und Gewalt gedacht, haben sich die Peace-Camps im niederösterreichischen Lackenhof zu einem jährlich stattfindenden Ereignis mit großer Strahlkraft entwickelt. Heuer fand die von Evelyn und Ronny Böhmer-Laufer initiierte Friedensinitiative bereits zum 17. Mal statt.

Zehn Tage lang erforschten 31 Jugendliche aus Israel – sowohl jüdische, als auch palästinensische -, Ungarn und Österreich die Möglichkeiten eines friedlichen Miteinanders. Auf ihrer gemeinsamen Reise entdeckten die jungen Menschen in Diskussionsrunden, Workshops oder bei kulturellen und sportlichen Aktivitäten, wie positiv es ist, wenn man einander ohne Vorurteile begegnet und das Verbindende über das Trennende stellt. Begleitet wurden die Jugendlichen von zwölf Erwachsene, darunter die Schauspielerin Anna-Sophie Fritz und der angehende Mediziner und Hobbymusiker Lukas Hauptfeld. Gemeinsam mit den diesjährigen Peace-Camp-TeilnehmerInnen gelang es ihnen innerhalb von acht Tagen eine fulminante „Show4peace“ einzustudieren, die als krönender Abschluss im Wiener Theater Dschungel zu sehen war.

„Die Tatsache, dass hier Jugendliche, die sich davor noch gar nicht kannten, innerhalb kürzester Zeit eine so fantastische Show auf die Beine gestellt haben ist ein Beweis dafür, dass das Unmögliche, möglich ist. Und jeder der behauptet, dass etwas, dass man wirklich will, nicht möglich ist, lügt“, sagt Evelyn Böhmer-Laufer (im Bild links mit Ronny Böhmer). Die Psychotherapeutin gründete die Peace-Camps ursprünglich, um ihrer eigenen Ohnmacht bezüglich des Nahost  Konflikts zu begegnen: „Ich habe 20 Jahre lang in Israel gelebt und war dort in der Peace Now Bewegung engagiert. 1990 bin ich zurück nach Österreich gekommen und wollte von hier aus weiterhin in irgendeiner Weise zur Lösung dieses Konfliktes beitragen. Im Gespräch mit Freunden sagte ich einmal im Spass `Die Friedensmacher von morgen muss man erst erfinden`. Um sie zu erfinden, dachte ich, man müsse bei der Jugend ansetzen, denn die Teenager von heute sind die Wähler von morgen. Und die Leader von übermorgen“, beschreibt Böhmer Laufer die Anfänge der Peace-Camps.

Frieden ist machbar

Peacecamp 1 2019 © Gerald Muthsam

 Die vorrangigen Ziele der Peace-Camps bestehe darin den Jugendlichen Vitamin P (peace) zu „spritzen“, sie dadurch gegen Rassismen aller Art zu immunisieren und den Jugendlichen Tools zu geben, mündige Bürger zu werden. „Mündig sein heißt: resistent gegen Indoktrination durch Autoritäten, Eltern, Leader und Medien zu sein und eine eigene Meinung zu haben, aber auch das eigene Unbewusste zu kennen – d.h. den Rassisten/Nazi/ in mir selbst erkennen  – und besiegen“, beschreibt die Peace-Camp-Gründerin. Das Projekt fußt auf ihrer Identität als Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin. „Es geht von der Annahme aus, dass Menschen von ihrer persönlichen Biographie, ihren Lebensumständen, ihren Erfahrungen, ihrem Erlebten und ihrem Unbewussten gesteuert sind. Dieses müssen wir kennenlernen und verstehen, um nicht dem Wiederholungszwang  zu verfallen. Was nicht bewusst geworden, was nicht verarbeitet wurde, wird wiederholt“, erklärt Böhmer-Laufer. Wichtig dabei sei es, sowohl die eigene Biographie, als auch die der anderen kennenzulernen. Nur so könnten tradierte Vorstellungen von einer ausgleichenden „Gerechtigkeit“, die auf  Rache und Vergeltung beruht, losgelassen und überwunden werden. „Denn diese sind die Grundlagen des Teufelskreises von Gewalt-Gewalt-Gewalt und der der Vorstellung, dass man, wenn man nicht mehr Opfer sein möchte, Täter sein MUSS“, meint Böhmer-Laufer. Video peacecamp 2019.