Enorme Belastungen

pixabay 1

Eineinhalb Jahre Coronakrise mit all den daraus resultierenden Ängsten, Verunsicherungen, Einschränkungen, Bedrohungen und Verlusten haben bei vielen Menschen für eine Situation permanenten Stresses gesorgt, der in ihren Seelen deutliche Spuren hinterlässt: Bei über 50% der Bevölkerung traten im Lauf der Pandemie schwere psychische Probleme auf. Aktuelle Studien zeigen, dass bestimmte Gruppen von den Auswirkungen der Pandemie besonders stark betroffen sind. Vor allem junge Menschen, Frauen (v.a. Alleinerzieherinnen), Einsame, chronisch psychisch Kranke, Menschen mit geringem Bildungsniveau und Menschen in schwierigen finanziellen Situationen oder belastenden Arbeitsverhältnissen leiden am stärksten unter der Pandemie.

pro mente Austria, der Dachverband von 24 gemeinnützigen Organisationen, die in Österreich im psychosozialen und sozialpsychiatrischen Bereich tätig sind, appelliert deshalb an die österreichische Bundesregierung, schnellstmöglich ausreichend Geldmittel für die psychosoziale Versorgung der Bevölkerung bereitzustellen: Grund dafür: Durch die Corona-Pandemie ist der Bedarf an psychosozialer Beratung und massiv gestiegen. Die gegenwärtige Unterversorgung der Menschen in Österreich ist neben dem persönlichen Leid mittel- bis langfristig mit hohen Kosten für Staat, Gesellschaft und Wirtschaft verbunden.

Da die Pandemie nun schon über viele Monate hinweg massiv das Leben beeinflusst, wird aus akutem Stress zunehmend eine chronische Belastung, die sowohl die psychische als auch die körperliche Gesundheit negativ beeinflusst. Chronischer Stress führt zu Ängsten, Depression, erhöht die Suchtneigung u.v.m. Aber auch das Immunsystem wird dadurch geschwächt. Das vermehrte Auftreten von Infektionen, Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs u.a.m. zählen zu den Langzeitfolgen von chronischem Stress.

„Mit dem Abklingen der direkten Bedrohung und dem Rückgang der Inzidenzzahlen gingen der Stress und die psychische Betroffenheit zwar kurzfristig etwas zurück. Doch nun zeigen sich zwei neue Phänomene: Einerseits die Unsicherheit, ob die Krise weitergeht. Dem kurzen „Aufatmen“ folgt die erneute Sorge, was die Zukunft bringen wird. Gerade die oben beschriebenen verletzlichen Gruppen trifft diese Frage besonders. Andererseits werden für viele Menschen die wirtschaftlichen Folgen der Krise jetzt richtig schlagend. Zwar haben gut Ausgebildete mit dem Aufschwung wieder Arbeit, Menschen mit geringer Ausbildung oder besonderen Handicaps bleiben aber häufig arbeitslos und verlieren damit nicht nur die Hoffnung, sondern auch langfristig ihr Einkommen“, sagt pro mente Austria-Präsident Günter Klug. Niedriger sozialer Status, Rückzug aus Scham und daraus resultierende Einsamkeit führen in dieser Gruppe zu sich fortsetzendem chronischen Stress – sehr rasch stellen sich zuerst psychische und in weiterer Folge körperliche Probleme ein.

Bedarf an psychischer Betreuung dramatisch gestiegen

Die Betroffenheit so großer Teile der Gesellschaft hat zu einem enormen Bedarf an psychischer Beratung und Betreuung geführt. Die Beratungs- und Betreuungseinrichtungen waren schon vor der Krise am Limit und können mit den vorhandenen Ressourcen die zusätzlich erforderlich gewordenen Leistungen einfach nicht mehr abdecken. „Schon in ‚normalen‘ Zeiten herrscht in diesem Bereich Mangel, denn psychische Gesundheit wird nach wie vor nicht ihrer essenziellen Bedeutung entsprechend wahrgenommen. Jetzt hat sich die Situation durch die Pandemie aber nochmals radikal verschärft, der Betreuungsbedarf kann noch weniger gedeckt werden. Menschen, die dringend Hilfe brauchen, sind mit Wartezeiten bis zu mehreren Monaten konfrontiert. pro mente Austria appelliert daher an die Bundesregierung, schnellstmöglich die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung zu stellen und in diesen Bereich zu investieren“, fordert Klug.