Wollen und Können

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Die Teilnehmer*innen von Eranos, einem Projekt zur beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen, haben sich im März dem Thema Bewegung gewidmet. Im Access Guide Magazin erzählen sie, wie sich Sport auf ihr persönliches Wohlbefinden auswirkt.

Franz* ist eigentlich ein sportlicher Typ. Er spielt gerne Fußball, geht laufen oder macht Krafttraining. Aber momentan kann er sich nicht aufraffen. Ihm fehlt die motivierende Gesellschaft seiner Sportsfreunde. „Am liebsten trainiere nämlich mit anderen Menschen – entweder im Team beim Kicken oder zu zweit beim Kraft- oder Ausdauertraining“, beschreibt der 30-Jährige. „Ich war aber seit dem frühen Herbst nicht mehr auf dem Fußballplatz und einen Laufpartner gibt es zurzeit auch nicht für mich“. Diese sportliche Abstinenz schlägt Franz auch auf´s Gemüt: „Mir fehlt der Sport als Motor für den Selbstwert und ich fühle mich ziemlich unausgeglichen. Die Lockdowns haben mir auch einige Kilos zusätzlich beschert. Die aktuelle Situation schränkt mich wirklich stark ein. Mir fehlt der Austausch und der sportliche Vergleich mit anderen. Und auch der Zuspruch, den ich in ‚normalen‘ Zeiten von anderen Trainingspartnern bekomme. Zu allem Überfluss ist jetzt ich auch noch das Wetter wieder so winterlich. Das dämpft die Lust rauszugehen ungemein – da bleibe ich lieber daheim“, beschreibt Franz sein Dilemma, aber „sobald die Temperaturen wieder frühlingshaft sind, werde ich wieder regelmäßig laufen gehen. Das habe ich mir fest vorgenommen“, ist sich Franz sicher, denn „ein Waldlauf tut nicht nur meinem Körper, sondern auch meiner Seele gut“.

Volle Muskelkraft

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Auch Paul* hat die Pandämie einen Strich durch seine sportlichen Pläne gemacht. „Normalerweise besteht mein Training aus einem Mix aus verschiedenen Techniken. Dazu zählt das Cardiotraining – das ist eine Variante des Ausdauertrainings und dient der Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Herz und Lunge. Mit Bodyweight-Übungen versuche ich gezielt alle Muskelgruppen zu trainieren. Der Vorteil dabei ist, dass ich keine Hanteln oder Gewichte dafür brauche, sondern mit meinem eigenen Körpergewicht arbeite. Dann mach ich noch Maximalkraft- und Explosivkrafttraining – beide zielen auf eine größtmögliche Effektivität der Muskelgruppen“, beschreibt der 28-Jährige seine Pläne. Obwohl er mit seinem Workout nicht unbedingt an ein Fitnesscenter gebunden ist, schafft es Paul trotzdem nicht, seine Fitness-Ambitionen in die Tat umzusetzen. „Das einzige, was mich daran hindert, bin ich selbst“, gesteht Paul. Was er noch vermisst, ist ein Trainingspartner, der ihn motiviert, denn „zu zweit oder in einer Gruppe – etwa beim Basketball –  macht Sport definitiv mehr Spaß. Hoffentlich ist das bald wieder möglich“, wünscht sich Paul.

Sehnsucht Wasser

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Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, mag Ulla* Krafttraining gar nicht: „Mir ist das zu anstrengend“, sagt die 45-Jährige. Ihr Element ist das Wasser. Ulla ist leidenschaftliche Schwimmerin. „Normalerweise bin ich drei bis viermal pro Woche im Hallenbad”. Das letzte Mal war Anfang November. Dann wurden alle Bäder geschlossen. Um nicht vollkommen in Bewegungslosigkeit zu erstarren, schwingt sich Ulla fast täglich auf´s Rad: „Ich hab zwei, drei Routen, auf denen ich gerne unterwegs bin. Im Schnitt fahre ich 20 Kilometer pro Tag“. In den Wintermonaten – die sich heuer ja bis in den Frühling erstreckt haben – war das mitunter eine große Herausforderung: „Das wichtigste ist warme Kleidung. Ich hab auch immer Tee in einer Thermoskanne dabei“, sagt Ulla. „Radfahren ist aber leider auch eine sehr einseitige Bewegungsart. Verspannungen im Nacken sind – besonders bei Kälte – keine Seltenheit. Leider hab ich noch nichts gefunden, was ich zum Ausgleich machen kann – ich hoffe, dass es bald warm genug ist, um im Freien schwimmen zu gehen. Die öffentlichen Bäder sind sicher noch länger zu“, befürchtet Ulla. Kurzfristig hat sie überlegt, Eisschwimmerin zu werden: „Das ist ja momentan total im Trend. Im Jänner bin ich durch die Lobau gefahren, da waren alle paar hundert Meter rot gefrorene Winterschwimmer zu sehen“. Ein einziges Mal ist Ulla selbst auch ins kalte Wasser getaucht: „Das war am ersten Jänner. Ich hab es ungefähr 30 Sekunden lang ausgehalten. Am schönsten dabei war das Gefühl danach. Ein Bad im kalten Wasser ist euphorisierend“. Zu einer Wiederholung ist es dann aber doch nicht mehr gekommen: „Ich warte lieber auf Sommersaison“.

*Namen geändert.