Liebe braucht Mut

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Viele Menschen glauben, dass die romantische Liebe, wie sie oft am Beginn wahrgenommen wird, ein Leben lang hält. Und im besten Fall tut sie das auch oder wird sogar noch stärker. Dennoch kann es immer wieder zu Situationen kommen, in denen die Werte der Beziehung erschüttert werden. Bernd Pfeiffenberger, Personzentrierter Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision erklärt, wie dann ein Blick von außen helfen kann.

Access Guide Magazin: Die erste Verliebtheit ist oft ein Ausnahmezustand. Was passiert dabei?

Bernd Pfeiffenberger: Da werden jede Menge Glückshormone und Energien freigesetzt. Man fühlt sich gleichzeitig euphorisch, überschwänglich und ängstlich, verletzlich. Dazu kommen körperliche Symptome wie Zittern, weiche Knie oder die viel zitierten Schmetterlinge im Bauch. Bei Verliebten gibt es zudem einen starken Fokus auf diese, eine Person in die man verliebt ist. Man muss ständig an sie denken und macht Sachen, die man sonst nicht machen würde. Die Liebe verleiht einem Flügel. Verliebte befinden sich in einer emotionalen Achterbahn auf der Talfahrt. Wird die Liebe nicht erwidert, reagiert man mit Niedergeschlagenheit und Rückzug. Die Verliebtheit ist ein Übergangszustand mit dem Ziel, zu lieben.

Access Guide Magazin: Liebe ist ein zentrales Thema in Literatur, Musik oder Filmen. Wie schaut es mit den realen Bedingungen der Liebe aus?

Bernd Pfeiffenberger: In Filmen oder Romanen wird meist ein idealer Lehrbuchzustand von Liebe beschrieben zu dem man – nach Überwindung diverser Schwierigkeiten und Hürden – gelangt. Diese Hollywoodmomente findet man in realen Liebesbeziehungen aber nur selten. Wer filmische Idealvorstellungen von der Liebe für das eigene Leben als Maßstab anlegt, kann leicht enttäuscht werden. Aus meiner Erfahrung erleben die meisten eine blinde Verliebtheit, die mit Kontrollverlust und dem kompletten, emotionalen Ausgeliefertsein einhergeht, nur selten im Leben.

Bernd Pfeiffenberger © privat

Bernd Pfeiffenberger © privat

Access Guide Magazin: Welche Formen der Liebe gibt es?

Bernd Pfeiffenberger: 

Sehr viele, von der Elternliebe, der Geschwister- oder Freundesliebe bis zur allgemeinen Menschenliebe. Die romantische Liebe zwischen zwei Menschen ist aber etwas ganz Besonderes. Familie kann man sich nicht aussuchen, den Partner oder die Partnerin aber schon – zumindest in unserem Kulturkreis. Wenn man eine sexuelle Bindung eingeht, schafft das eine ganz besondere Verbundenheit. Durch die gemeinsame Sexualität überspringt man mehre Stadien von Vertrautheit im Zeitraffer. Neben der körperlichen Innigkeit, gibt es aber auch noch andere Werte, die in der Liebe wichtig sind, wie Vertrauen, das sich aufeinander verlassen können und das Gefühl gemeinsam durch Dick und Dünn gehen zu können. Was einem jeweils wichtig ist, hängt sicher auch von Alter und Erfahrung ab. Ein Zwanzigjähriger will die ganze Bandbreite – von Himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. In der Jugend stehen vielleicht Abenteuer und Eroberung im Vordergrund. Als junger Mann will man vielleicht das Gefühl haben, mit einer neue Liebe, den ersten Preis gewonnen zu haben. Das ändert sich mit fortschreitenden Alter. Da werden Werte wie Verlässlichkeit wichtiger.

Access Guide Magazin: Wann kann Liebe weh tun?

Bernd Pfeiffenberger: Wenn sie unerfüllt ist oder wenn die eigene Liebe größer ist, als die des anderen. Bei Verlust und Tod eines geliebten Menschen natürlich auch. Oder wenn man monogam veranlagt es, der Andere aber nicht. Auch bei Intrigen, Betrug oder Vertrauensmissbrauch leidet man auch unter der Liebe. Problematisch ist auch, wenn die Wertehaltungen zu sehr voneinander abweichen. Mittlerweile bin ich aber überzeugt, dass im zwischenmenschlichen Bereich mehr möglich ist, als man gemeinhin glaubt. Es kommt nur darauf an, inwiefern das offen kommuniziert wird. Ich glaube, dass viele im Kopf von einer sogenannten Bilderbuchfamilie träumen mit Vater, Mutter, zwei Kindern und einem Hund – oder Katze. Oft bekommt man Werte und Vorstellungen auch von der Herkunftsfamilie automatisch mit. Wer zum Beispiel Partnertausch bei den Eltern mitbekommen hat, kann sich vielleicht auch vorstellen, mehrere Partner gleichzeitig zu haben. In der Liebe sind viele Lebensentwürfe möglich – sie sollten halt zusammenpassen.

Access Guide Magazin: Was sind die häufigsten Probleme von Paaren, die in Therapie kommen?

Bernd Pfeiffenberger: Paare suchen therapeutische Hilfe, wenn der gemeinsame Alltag oder das gemeinsame Leben zur Belastung geworden ist und wenn festgefahrene Beziehungsmuster oder idealisierte Vorstellungen von Beziehung Spannung erzeugen. In der Therapie wird ein neuer Erfahrungsraum eröffnet, in dem sich Paare besser kennen lernen können. Dabei kann man sich zum Beispiel die Herkunftsfamilie anschauen. Nicht selten haben sich bei Paaren Beziehungsmuster eingeschlichen, die sich verselbständigt haben. In der Therapie wird auf ein Thema fokussiert, man geht gewissermaßen in Zeitlupe in das Beziehungsgeschehen hinein und findet heraus, wie man dort gelandet ist, wo man sich gerade befindet. So kann ein Perspektivenwechsel gelingen. Wie eine Paartherapie ausgeht, kommt darauf an, welches Ziel verfolgt wird – das kann von Trennung bis zum Neuanfang reichen.

Access Guide Magazin: Gibt es ein Rezept für Liebe?

Bernd Pfeiffenberger: Was an Zutaten auf alle Fälle dazu gehört sind Offenheit, eine gute Gesprächsbasis oder der Mut, ehrlich zu sein, auch dann, wenn man dadurch verletzlich wird. Ein sehr wichtiger Faktor ist die Zeit. Eine liebevolle Beziehung muss man hegen und pflegen.

Access Guide Magazin: Danke für das Gespräch.

 

Psychotherapie Pfeiffenberger

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