Rätselhafte Gegenwelt

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Wie es wäre in einem von Xenia Hausner geschaffenen Universum zu leben, hat sich Daniel Kehlmann vorgestellt: „Unheimlich wäre es, im ursprünglichen Wortsinn. Es wäre ein Leben, dessen man sich nie sicher wäre. Nicht nur die Farben, auch die Geräusche und Gerüche wären von brutaler Intensität. Die Luft stelle ich mir elektrisch aufgeladen vor. Und die Menschen? Diese wären von überwältigender Offenheit und zugleich ganz undurchsichtig. Man verstünde sie, vertrauen aber dürfte man ihnen nicht“, schreibt der Schriftsteller im Katalog zu „True lies“, der aktuellen Ausstellung von Xenia Hausner. Die Künstlerin zählt zu den wohl wichtigsten österreichischen Malerinnen unserer Zeit. Ihre Arbeiten sind von 30. April bis 15. August in der Wiener Albertina zu sehen.

xenia hausner crime map 2010 privatsammlung schweiz c bildrecht wien 2021

Xenia Hausner Crime Map, 2010
Privatsammlung, Schweiz, © Wien, 2021

Der Schwerpunkt der Schau liegt auf dem Aspekt der Inszenierung, der die Werke Xenia Hausners kennzeichnet. Für ihre Bilder konstruiert die Künstlerin vorab aufwendige räumliche Settings in ihrem Atelier, die sie zunächst fotografiert. Autofragmente oder Zugabteile werden so zu selbstverständlich bewohnten Orten, triviale Alltagsgegenstände zu Mitspielern ihrer eigentümlichen Szenarien. Auch ihre Modelle arrangiert sie in diesem Umfeld. Die Figuren lösen sich von der ursprünglichen Person und nehmen eine eigene Rolle in Hausners Geschichten ein, die sich einer eindeutigen Lesart entziehen. In fragmentarischen Montagen konfrontiert uns die Künstlerin mit den Widersprüchen, die in uns angelegt sind, mit Facetten, die wir nicht nach außen kehren. Gerade die Fiktion ermöglicht ihr, mit geschärftem Blick dem wahren Kern nachzuspüren und in ihren Bildern offenzulegen. Während die Kunstgeschichte vom männlichen Blick geprägt ist, verfolgt Xenia Hausner ihre Spurensuche in einer rätselhaften Gegenwelt – sämtliche Themen werden anhand von Frauen erkundet, die alle Rollen einnehmen können und so den männlichen Part meist mitverkörpern. Die Ausstellung ist als Rückblick angelegt, beginnend mit den ersten frühen Arbeiten aus den 1990er-Jahren bis zu Xenia Hausners jüngster, bewegender Exiles-Serie. Aufgrund des aktuellen Lockdowns bleibt die Albertina Wien bis 2. Mai 2021 geschlossen.