Grenzen sind wie Regeln

Zach Damberger Pexels

Unsere Freiheit hört dort auf, wo sie andere Menschen verletzen könnte. Vier Teilnehmer von Eranos haben sich im Rahmen eines Schreibprojekts im Februar überlegt, was das für unser Zusammenleben bedeutet.

Coach* hat Grenzen und Bedürfnisse, für die er einsteht und die er zu wahren versucht: „Es kann aber nicht sein, dass manche Menschen sich über andere stellen oder stellen wollen. Irgendwie denke ich, dass das leider in der Natur des Menschen liegt. Vielleicht ist es ein Schutzmechanismus oder hatte früher seine Zwecke im Überleben oder was auch immer.

Auch ich bin dessen schuldig. Es gab Momente auf die ich nicht näher eingehen möchte. War es nötig? Wer weiß? Was ist alles letztendlich nötig und was ergibt einen Sinn? Egal was passiert, in dieser Existenz wird alles im Kältetod des Universums enden oder in anderen Szenarien. Auf lange Sicht ergibt in unserer Existenz nichts einen Sinn. Wir sind nur der singende und tanzende Abschaum dieser Welt. Ja, ich liebe diesen Film. Wir sind keine ,special snowflakes`, obwohl so viele versuchen, eine zu sein und sich aufspielen. Auch da bin ich dabei. Wir sind nur Biomasse.

Aber wir lachen der Sinnlosigkeit ins Gesicht und rebellieren gegen sie, indem wir eben den Dingen einen eigenen Sinn zusprechen. In dieser Existenz ist es vielleicht so, aber wir wissen nicht, was es darüber hinaus gibt. Wir sind beschränkt als Mensch, aber in einer anderen Form nicht. Falls es eine gibt. Ich weiß es nicht. Ich kann`s nicht beweisen, aber auch nicht widerlegen. Letztendlich ist auch das egal. Ich genieße das Leben und bin ein guter Mensch solange man meine Grenzen wahrnimmt.

Grenzen verschwimmen. Ursache – Wirkung. Leben – Tod. Licht – Schatten. Ordnung – Chaos. Etwas aufbauen oder schaffen, das nach unserem Tod weiterlebt ist Bullshit. Erinnerungen schwinden und gehen verloren. So lebt man nur für den Tod. Unsere Aufgabe ist aber, für‘s Leben zu leben. So sehe ich das. Ich kann anderen nichts vorschreiben. Wir sind alle individuell. Keiner ist wie der andere. Meinungsverschiedenheiten sind Standard und die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung.

Mach‘, was du willst: Rasier` dir den Kopf. Prügel dich, um zu fühlen. Schreibe, um etwas los zu werden. Trag‘ schwarz und spare Geld für deine eigene Beerdigung. Du bist ein Weltraumaffe. Ein Affe, der ins All geschossen wird. Eine Opfergabe. Na, und? Selbst die Mona Lisa verfällt.“

Grenzenlose Räume

Andreas* ist überzeugt, dass „die Gedanken frei sind! Also grenzenlos? Aber wie wäre die Welt ohne Grenzen? Unmöglich! Der Planet selbst ist eine Grenze, in einem scheinbar grenzenlosen Raum, dem Weltall. Grenzen sind wie Regeln, einige klar und sinnvoll, andere komisch und kaum nachvollziehbar.

Gesellschaftlich sollten die Grenzen etwas gelockert werden, dann würden viele Konflikte weniger dramatisch sein, aber auch hier begegnen wir einem Paradoxon. Im Großen und Ganzen sollten die Grenzen lockerer sein, doch die persönlichen Grenzen jedes einzelnen sollten klarer kommuniziert und mehr respektiert werden. Jetzt bin ich bin an der Grenze meines Schreibflusses angelangt, denn mehr fällt mir dazu nicht mehr ein.“

Cesar* findet „jeder hat seine Grenzen, ob in der Arbeit, in der Beziehung oder im sozialen Umfeld. Doch diese können von Person zu Person anders sein und das, was passiert, nachdem diese Grenzen überschritten werden, variieren auch. Manche verlieren die Geduld und fangen an rumzuschreien oder werden sogar gewalttätig. Andere bleiben friedlich und versuchen durch ein konstruktives Gespräch Lösungen zu finden. Und wieder andere verlieren jegliche Hoffnung und beenden alles auf ihre Art“.

Leo* denkt an „die Grenzen zwischen Ländern oder zwischen Städten. Grenzen verlaufen auch zwischen Kriegen, Waffen, Abrüstung, Politik, zwischen Menschen oder in Eskalationen. Ich meine, dass die Grenzen immer sein müssen. Wenn etwas nicht gefällt oder jemand es nicht mag, dann kann er/sie/es auch mal ,nein` sagen. Wenn jemand immer nur wütend und traurig ist oder aber nichts ernst nimmt und sich über alles lustig macht, dann wird leicht die Grenze überschritten. Man sollte auch nicht viel Spaß mit der Mutter Natur treiben, zum Beispiel dem Klima, der Verschmutzung der Erde oder wenn man illegal Bäume in Amazonas-Regenwald abholzt und Tiere illegal tötet. Wenn Menschen und Tiere unter schlechten Bedingungen leben, werden wir es unter Wasser oder im Kosmos nicht sehr weit schaffen.“

*Coach, Andreas, Cesar und Leo (Namen geändert) sind Teilnehmer von Eranos, einem Projekt zur beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen.