Wenn der Job an die Psyche geht

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Jede vierte Krankschreibung geht auf psychische Ursachen zurück und ein Drittel aller seelischen Störungen hat mit Ängsten zu tun, die sich um`s Thema Arbeitsplatz drehen. Christa Scharaditsch vom Access Guide Magazin hat recherchiert, warum das so ist.

Je näher das Bürogebäude rückt, umso unsicherer wird Annas Gang. Schweißnasse Hände und Herzrasen, begleitet von stechenden Magenschmerzen bis hin zur Übelkeit quälen sie. Und das alles, weil sie Angst hat. Allein der Gedanke an den Job bereitet ihr körperlich unangenehme Zustände. Ihre Diagnose lautet Arbeitsplatzphobie. Auf Verständnis dafür trifft sie selten: „Wenn jemand sagt, dass er unter Höhenangst oder einer Spinnenphobie leidet, dann ist das für die meisten halbwegs nachvollziehbar. Aber wie soll man Außenstehenden erklären, wie es sich anfühlt, wenn einen schon allein der Gedanke an die Arbeit in Panik versetzt?”, fragt sich Anna. Mit ihren Ängsten ist die 30-Jährige nicht allein. Mittlerweile geht jede vierte Krankschreibung auf seelische Ursachen zurück. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile auch die häufigste Ursache für Invaliditätspensionen.

Enormer Druck

„Zeitdruck, Existenzangst, Perfektionismus oder Mobbing zählen zu den häufigsten Auslösern für psychische Überbelastung am Arbeitsplatz”, erklärt die Arbeitspsychologin Claudia Altmann. Dazu kämen noch persönliche Faktoren wie „Nicht nein sagen können” und Schwierigkeiten, sich von der Arbeit abzugrenzen oder Teamkonflikte. „In meiner Praxis bin ich am häufigsten mit Überlastung und Erschöpfungssymptomen konfrontiert. Dabei geht es in der Therapie oder im Coaching oft um Themen der Selbstfürsorge und um die inneren Antreiber und die Fähigkeit der Grenzsetzung. Aber auch um die Rahmenbdingungen, die ein Mensch braucht, um gut arbeiten zu können”, sagt Altmann. (Das gesamte Interview mit Claudia Altmann gibt es hier.)

Was tun?

Laut ICD-10, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme gehört die Arbeitsplatzphobie zur Gruppe der sozialen Phobien. Betroffene leiden unter der „Furcht vor prüfender Betrachtung durch andere Menschen, die zu Vermeidung sozialer Situationen führt”. Umfassendere soziale Phobien seien in der Regel mit niedrigem Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik verbunden. Sie können sich in Beschwerden wie Erröten, Händezittern, Übelkeit oder Drang zum Wasserlassen äußern. Dabei meine die betroffene Person manchmal, dass eine dieser sekundären Manifestationen der Angst das primäre Problem darstellt. Die Symptome können sich bis zu Panikattacken steigern. „Wir müssen den Betroffenen die Scheu nehmen, Hilfe zu suchen”, sagte Christian Deutsch, Vorsitzender des Vereins ganznormal.at anlässlich des diesjährigen Weltgesundheitstags im April. Insbesondere am Arbeitsplatz können Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern großem Stress ausgesetzt sein. Hier gelte es auch für die Führungskräfte darauf zu achten, dass ArbeiterInnen und Angestellte fit bleiben. Wenn eine Einschränkung der seelischen Gesundheit Platz greife, sei es oft schon zu spät. Erfahrungsgemäß dauere eine psychische Erkrankung weit länger als eine Grippe oder ein Beinbruch. Deshalb sei Vorsorge entscheidend, d.h. rechtzeitig darauf zu schauen, mit seinen Kräften hauszuhalten. Gesunde Ernährung, Sport und ausreichende Erholungsphasen können darüber hinaus die Fitness des Einzelnen unterstützen. Der Verein ganznormal.at legt 2019  ein besonderes Augenmerk darauf, bewusst zu machen, wie wichtig die seelische Gesundheit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist.

Therapiekonzepte bei Phobien

Für die Behandlung von Phobien gibt es unterschiedliche therapeutische Ansätze. Die tiefenpsychologische Therapie einer Phobie zielt darauf ab, die der Phobie zugrundeliegenden verdrängten Ängste und Konflikte ans Licht zu holen, zu bearbeiten und in das Bewusstsein der Betroffenen zu integrieren. Der verhaltenstherapeutische Ansatz orientiert sich eher darauf, den Umgang mit dem Gegenstand der Phobie neu zu erlernen und so die Handlungsfähigkeit im täglichen Leben wieder herzustellen. Welche Therapie am geeignetsten ist, ist von Fall zu Fall verschieden. Mehr Informationen zu Therapiemöglichkeiten gibt es hier.

Literaturtipps zum Thema:

Angst- und Panikstörungen im Beruf.

Angst bei der Arbeit – Angst um die Arbeit

Rattatatam, mein Herz: Vom Leben mit der Angst

Angstfrei arbeiten: Selbstbewusst und souverän im Job

Schau gut auf dich