Der ewige Kampf

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Alljährlich melden sich zum internationalen Frauentag Vertreterinnen von Parteien, Organisationen oder Initiativen mit denselben Forderungen nach Gleichberechtigung zu Wort, die es schon seit Jahrzehnten gibt. Echte Verbesserungen passieren aber nur im Schneckentempo. Das zeigt wie dringend es ein nachhaltiges Umdenken braucht.

Immer noch werden Frauen am Arbeitsmarkt strukturell benachteiligt. Sie verdienen weniger, sind meist hauptverantwortlich für unbezahlte Care Arbeit, tragen die Hauptlast des „Mental Loads” und sind häufiger von Diskriminierung und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen. Expertinnen sind sich schon lange darüber einig, dass es für eine Trendwende ein grundlegendes Umdenken und den Mut zu Innovationen in der Arbeitsmarktpolitik gibt. Nicht zuletzt der Stillstand beim Gender Pay Gap zeigt auf, dass der Weg zu einem geschlechtergerechten Arbeitsmarkt noch weit ist.

Hindernisse für Frauen am Arbeitsmarkt sind neben der schlecht ausgebauten Kinderbetreuung (vor allem am Land), verfestigte Geschlechterrollenbilder, eine „gläserne Decke” bei Führungspositionen, die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit und die ungerechte Bewertung von Care- und Sorgearbeit. „Hindernisse wie ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit führen zu Arbeitslosigkeit und Teilzeitarbeit und damit zu prekären Lebensabschnitten in Frauenleben, die von der Politik nicht ausreichend aufgegriffen werden”, so Sabine Rehbichler, Geschäftsführerin von arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich. „Solange die Gehaltsunterschiede eklatant sind und die Verantwortung für Carearbeit zum Großteil bei den Frauen liegt, wird es keine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen geben. Die Gleichstellungsblockaden müssen systematisch angegangen werden”, ist Rehbichler überzeugt.

Ungleichgewicht bei Care-Arbeit

Auch die aktuelle Zeitverwendungsstudie zeigt, wie ungleich Arbeit zwischen den Geschlechtern verteilt und bewertet ist: Täglich erledigen Frauen durchschnittlich viereinhalb Stunden unbezahlte Sorgearbeit. Das sind zwei Stunden mehr pro Tag als Männer. „Frauen arbeiten nicht weniger als Männer, sondern mehr – nur wird ein großer Teil ihrer Arbeit eben nicht entlohnt”, sagt Sophie Hansal, Geschäftsleiterin des Netzwerks österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen.„Knapp 60 Prozent der Arbeit, die Frauen leisten, ist unbezahlt. Und das obwohl Frauen oft gerade die Aufgaben erledigen, ohne die unsere gesamte Gesellschaft nicht funktionieren würde.”

All das betrifft bereits Mädchen und sehr junge Frauen, die frühzeitig beginnen, in ihren Familien Verantwortung für Hausarbeit zu übernehmen, ihre jüngeren Geschwister betreuen, ihre Eltern bei Arzt- oder Behördengängen begleiten. Der Gender Pay Gap macht auch vor der Lehrausbildung nicht halt – Lehrberufe mit hohem Frauenanteil wie Einzelhandel oder Bürokauffrau werden deutlich schlechter entlohnt als beispielsweise technische Lehrberufe mit hohem Männeranteil.

„Geht es beim Gender Pay Gap in diesem Tempo weiter, haben wir erst in 300 Jahren eine faire Lohnverteilung zwischen den Geschlechtern”, zitiert Martina Fürpass, Geschäftsführerin des Vereins sprungbrett, das Momentum Institut. Dabei kann es nicht die Lösung sein, alle jungen Frauen für technische oder naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern. Studien zeigen, dass die Lohnschere im MINT-Bereich besonders weit auseinanderklafft, auch wenn die Gehälter hier grundsätzlich höher sind. „Junge Frauen haben ein Recht auf eine breite Berufsperspektive und Ausbildungswahl. Und egal ob sie sich für den MINT-Bereich oder die Pflege entscheiden – die Lohndiskriminierung ist in beiden Bereichen sofort zu beenden. Wir fordern gerechte Löhne für gleichwertige Arbeit und die finanzielle Aufwertung von klassischen Frauenberufen!”, so Fürpass.

Arbeit neu verteilen und bewerten

„Wenn wir tatsächliche Chancengleichheit erreichen wollen, müssen wir Sorge- und Erwerbsarbeit neu verteilen. Und dafür braucht es den Mut zu einer gesamtgesellschaftlichen und ökonomischen Umgestaltung””, betont Manuela Vollmann, Geschäftsführerin ABZ Austria. Unternehmen könnten es sich außerdem in Zeiten des Fachkräftemangels nicht mehr leisten, auf Frauen zu verzichten. Es brauche lebensphasenorientierte Lösungen und innovative Arbeits- und Führungsmodelle wie etwa Job Sharing und Generationen Tandems, um Vereinbarkeit lebbar zu machen.

Feministischer Schulterschluss

arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich, das Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen, der Verein sprungbrett und ABZ Austria nutzen das heurige „Superwahljahr” um gemeinsam ein radikales Umdenken und politische Maßnahmen zur tatsächlichen Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsmarkt zu fordern: Neue Arbeitszeitmodelle und Qualifizierungsmöglichkeiten, Ausbau der Angebote zur frühkindlichen Bildung/Kinderbetreuung und Pflege, bessere gesetzliche Rahmenbedingungen für Lohntransparenz in Unternehmen, Kampagnen für eine gerechte Verteilung von unbezahlter Arbeit und eine bessere Anerkennung von Sorgearbeit, bessere Entlohnung sowie Aufwertung und gesellschaftliche Anerkennung von Berufsbranchen mit hohem Frauenanteil.