Es ist nie zu spät

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Die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien hat im September das Ehrendoktorat an Evelyn Torton Beck, Pionierin der Women‘s und Gender Studies, verliehen. Die Auszeichnung würdigt das herausragende Engagement der in Wien geborenen Wissenschaftlerin, die mit ihrer jahrzehntelangen Forschungstätigkeit ein reiches Spektrum an wissenschafts- und gesellschaftskritischen Themen in enger Verbindung zur Kunst eröffnet hat. Evelyn Torton Beck dankte in ihrer Rede für die Auszeichnung und appellierte: „Wer die Institutionen und das Wissen transformieren will, muss lernen mit Anderen zusammenzuarbeiten. Auch mit denen, die sich von ihnen unterscheiden, auch wenn es unbequem wird. Wir brauchen utopisches Denken, sonst bleiben wir auf veralteten Wegen stecken, die unserer Welt nicht mehr dienen – wir brauchen dringend Änderungen. So schlimm wie die Welt heute wieder aussieht, halte ich mich fest am Prinzip Hoffnung. Die Hoffnung ermöglicht unsere Arbeit und Wandlungen. Es ist nie zu spät, wir sind nie zu alt, neu anzufangen, uns zu ändern.“

Evelyn Torton Beck, die aus Washington zur Verleihung anreiste, wurde 1933 in Wien geboren und musste als Sechsjährige mit ihrer Familie vor dem NS-Regime fliehen. Sie studierte später vergleichende Literaturwissenschaften und promovierte 1969 an der University of Wisconsin-Madison. 1982 wurde sie ebendort Professorin für Vergleichende Literaturwissenschaft, German and Women’s Studies. 1984 folgte sie einem Ruf an die University of Maryland in Washington D.C., wo sie das Women’s Studies Program etablierte. Nach ihrer Emeritierung 2002 promovierte sie 2004 in Klinischer Psychologie an der Fielding Graduate University, wo sie bis heute als „Alum „Fellow“ am Creative Longevity and Wisdom Project tätig ist.

Die Forschungsarbeiten von Evelyn Torton Beck zur sozialen Gerechtigkeit in Theorie und Praxis, zu Multikulturalismus, Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Alterdiskriminierung, Ablism und Lookism ebenso wie zur heilenden Wirkung von Kunst sowie ihre Arbeiten zu Stimme, Sprache, Translation – sie übersetzte mit dem Nobelpreisträger Isaac Bashevis Singer vom Jiddischen ins Englische – sind nach wie vor wegweisend, sie gilt als Vorreiterin auf diesen Gebieten. „Nice Jewish Girls. A Lesbian Anthology“ (1982, 1989) stellt eine ihrer erfolgreichsten Publikationen dar. Darüber hinaus verfasste sie Gedichte, widmete sich der Malerei und bis heute dem Tanz.

Der Titel des_der Ehrendoktors_in der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien wird an Persönlichkeiten verliehen, die in einem an der mdw eingerichteten Fach international anerkannte wissenschaftliche Leistungen erbracht haben und sich um die durch die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien vertretenen wissenschaftlichen Ziele hervorragende Verdienste erworben haben.

Im Bild: Stefan Zapotocky (Vorsitzender des Universitätsrates der mdw), Evelyn Torton Beck, Rektorin Ulrike Sych, Johannes Marian (Vorsitzender des Senats der mdw), Clemens Aigner (Pedell) © mdw/Stephan Polzer