Seele im Fokus

Tag der psychischen Gesundheit © Barbara Wirl

Auch in diesem Jahr fand der Tag der psychischen Gesundheit im Wiener Rathaus statt. Über 40 Organisationen präsentierten ihre Arbeit und ihre Angebote. Spannende Vorträge und Gesprächsrunden luden zur inhaltlichen Diskussion ein.

„Psychische Gesundheit ist ein Menschenrecht“. Unter diesem Motto stand der heurige Tag der Psychischen Gesundheit am 17. Oktober 2023 im Wiener Rathaus. Neben Informationen von Organisationen und Einrichtungen, die Beratung, Behandlung und Unterstützung anbieten, luden Diskussionen und Gesprächsrunden dazu ein, sich mit den aktuellen Herausforderungen, Neuerungen und bestehenden Innovationen im Bereich der sozialpsychiatrischen Behandlung auseinanderzusetzen. Zudem gab es einen Überblick zum Stand des psychiatrischen und psychosomatischen Versorgungsplan Wiens.

Vor fünf Jahren wurde mit der Umsetzung des Psychiatrischen und psychosomatischen Versorgungsplans (PPV) begonnen. Ziel war es, Wien bestmöglich auf die Herausforderungen einer wachsenden Großstadt vorzubereiten. Viele Vorhaben des PPV wurden bereits realisiert: „Die Versorgung ist heute regionalisierter und wohnortnäher, die Zusammenarbeit zwischen den Bereichen stationär, ambulant und tagesklinisch funktioniert besser und wir haben psychische Erkrankungen erfolgreich entstigmatisiert“, resümierte Peter Hacker, Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport.

Neben der engen Zusammenarbeit von Wiener Gesundheitsverbund (WiGev) und der Psychosozialen Dienste in Wien (PSD-Wien) konnte auch das Angebot erweitert werden. So wurde ein neues Ambulatorium für Kinder-und Jugendpsychiatrie bereits eröffnet. Ein weiteres soll in Kürze, zwei weitere im kommenden Jahr folgen. Erprobt wurden außerdem verschiedene Angebote der aufsuchenden Behandlung, bei der Patient:innen in ihrer eigenen Lebensumgebung behandelt werden können. „In Favoriten entstand die erste Regionalversorgungsplattform, in der eine Vielzahl von Organisationen zusammenarbeiten und nach den besten Lösungen suchen“, sagte der Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner. Ziel des PPV sei es, die Übergänge an der Schnittstelle zwischen dem intra- und dem extramuralen Bereich für die Patient:innen einfacher zu gestalten, sodass sie im Sinne des „Best point of care“-Prinzips versorgt werden können. Psychisch erkrankte Wiener:innen sollen flexibel, multiprofessionell und wenn erforderlich, in ihrem persönlichen Lebensumfeld behandelt werden. Durch ein individuell angepasstes Angebot können die Lebensqualität der Patient:innen verbessert und Krisen vorgebeugt werden.

Ausgezeichnete Beiträge

Zum Abschluss des Tags der psychischen Gesundheit wurde der Stephan-Rudas Preis 2023 verliehen. Prof. Dr. Stephan Rudas (1944-2010) war maßgeblich an der Wiener Psychiatriereform beteiligt. Gemeinsam mit Alois Stacher (1925-2013), dem damaligen Stadtrat für Gesundheit und Soziales, revolutionierte Rudas als PSD-Gründungschefarzt die psychiatrische Versorgung in Wien. Diese gesundheits- und sozialpolitisch höchst bedeutsame Epoche veränderte die Lebensrealität chronisch psychisch kranker Menschen fundamental.

Heuer wurde der Stephan-Rudas Preis erstmals in insgesamt fünf Kategorien vergeben: Print, Online-Magazine, Fernseh- und Radiobeiträge, Podcasts und Blogs sowie der Sonderpreis für Erfahrungsexpert:innen. Bewertet wurden die zahlreichen Einreichungen von einer Fachjury.

Die Auszeichnung für Print ging an Gewinner*innen Lukas Matzinger für seinen im Falter erschienenen Artikel „Helft uns!“. Darin geht es um die aktuelle Situation in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und die sich für eine bessere Versorgung einsetzenden Organisation „Change for the Youth“.

Der Preis für Online-Medien ging an Sebastian Panny: Er konzentriert sich in seiner für das Moment Magazin produzierten Dokumentation „Der hohe Preis der Stille“ auf die Themen Suizid und Suizidgedanken und behandelt dabei vor allem den Aspekt des Geschlechterunterschieds, da Männer deutlich häufiger von Suiziden betroffen sind, als Frauen.

Die Kategorie Rundfunk gewann Johanna Sagmeister: Sie setzt sich in der vom Team Upward für das ARD Mittagsmagazin produzierten Reportage „Polizeigewalt gegen psychisch Kranke“ mit den Themen Aus- und Fortbildung bei der Polizei in Bezug auf den Umgang mit psychisch kranken Menschen auseinander.

Sieger:innen der Kategorie Podcasts und Vlogs sind Elias Natmessnig und Nicole Kornherr/Viktoria Paar. Der vom Leiter für Podcasts und Video des Kurier, Elias Natmessnig, produzierte Podcast „Ich weiß, wie es ist“ berichtet von Menschen, die Krisen durchlebten und davon, wie sie diese überwunden haben. Gleichzeitig werden Informationen über professionelle Hilfestellen vermittelt.

Nicole Kornherr, selbst bipolar, und Viktoria Paar beschäftigen sich in dem Podcast „crazy turn – ich bin bipolar“ mit persönlichen Erfahrungen rund um die Krankheit und führen Interviews mit Expert:innen zu vielfältigen Themen. Der Sonderpreis Erfahrungsexpert:innen ging an Wolfgang Eicher und Margit Preinfalk: Wolfgang Eicher lebt seit fast 25 Jahren mit der Diagnose Bipolare affektive Störung. Seit seinem 16. Lebensjahr schreibt er Romane, aber auch Texte über psychische Erkrankungen. Er selbst sagt, dass das „Schreiben mir Beruf und Berufung ist, Sinn im Leben, lässt mich leben und überleben und ermöglicht mir sogar ein lebenswertes Leben trotz meiner Erkrankung.“

Margit Preinfalk schreibt in berührender Weise über ihre Zwangserkrankung. Sie hat gelernt, mit der Krankheit umzugehen und hat 2018 eine Selbsthilfegruppe gegründet, aus der mittlerweile fünf geworden sind. Mit ihrer Arbeit will sie einen „kleinen Beitrag leisten, dass Menschen mit psychischen Krankheiten genauso ernst genommen werden und selbstverständlich behandelt werden, wie Menschen mit einer körperlichen, medizinischen Krankheit.“