Zwischen Realität und Fiktion

Sleeing by the Mississippi 2002 © Alec SothMagnum Photos

Der Amerikaner Alec Soth zählt seit einigen Jahren zu den wichtigsten Fotografen weltweit. Mit der Serie Sleeping by the Mississipi wurde er 2004 schlagartig berühmt. Der 1969 in Minnesota geborene Künstler dokumentiert auf seinem Roadtrip entlang des Mississippi das amerikanische Leben mit viel Poesie und Melancholie. Soth ist Mitglied der renommierten Agentur Magnum Photos. Seine Arbeiten finden sich in allen namhaften Ausstellungshäusern und Fotografie-Institutionen. Das Kunst Haus Wien zeigt von 27. Februar bis 16. August 2020 erstmals eine umfassende Personale des amerikanischen Fotografen. Alec Soths fotografisches Werk besticht durch seine poetische Bildsprache. Soth gelingt es virtuos, vorstädtische und ländliche Gegenden in den USA, Menschen und Situationen ins Bild zu setzen. Seine groß angelegten Serien können als Fallstudien der US-amerikanischen Gesellschaft gelesen werden. Soths Fotografien geben Einblick in das Leben gewöhnlicher wie auch manch ungewöhnlicher Menschen. Sein Interesse gilt der breiten Mittelschicht abseits der Metropolen sowie Menschen am Rande der Gesellschaft.

Fallstudien der US-amerikanischen Gesellschaft

Der thematische Zugang von Soth ist von einem philanthropischen Interesse geprägt. Er bedient sich einer dokumentarischen Herangehensweise, wobei er sich von seinem poetischen Blick leiten lässt. Seine in großen Serien zusammengefassten Fotografien bewegen sich zwischen Realität und Fiktion und entwickeln eine außergewöhnliche erzählerische Kraft. Manche Aufnahmen sind schon allein aufgrund ihres Sujets poetisch, wirken malerisch, sind bisweilen romantisch aufgeladen, etwa wenn Soth die Niagarafälle in all ihrer Pracht ablichtet. Aber auch den konkreten Darstellungen von Menschen und Orten wohnt stets etwas Träumerisches, Entrücktes inne. Der Blick der Dargestellten spielt dabei wohl eine ebenso gewichtige Rolle wie das Licht, in das die Schauplätze getaucht sind.

In Soths Aufnahmen spiegeln sich Vorstellungen von Lebenssituationen oder (Liebes-)Beziehungen wider, wie sie im amerikanischen Film, in Literatur und Musik geprägt wurden. In seinen vielfach ausgezeichneten Fotobüchern werden die fotografischen Arbeiten von Essays, Kurzgeschichten oder Auszügen aus Songtexten von verschiedenen AutorInnen (etwa dem Pulitzer-Preisträger Richard Ford) begleitet. Sie tragen zur Gesamterzählung bei und unterstreichen die sehnsuchtsvolle, mitunter melancholische Tendenz, die den eigenwilligen Reiz der Aufnahmen ausmacht.Soth schafft außergewöhnlich eindringliche Porträts von Menschen und Orten. In seiner einzigartigen fotografischen Sprache erzählt er von großen Gefühlen wie Liebe und Einsamkeit und reflektiert weitreichende gesellschaftspolitische Themen, etwa wenn er AussteigerInnen oder AußenseiterInnen der US-amerikanischen Gesellschaft porträtiert. In seinen Bildern widerhallen zutiefst menschliche Sehnsüchte und Bedürfnisse, sie erzählen von trivialen wie von komplexen Lebensrealitäten, von physischen und psychischen Landschaften gleichermaßen.