Im Zeichen des Umbruchs

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Corporate Social Responsibility ist die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens. Das umfasst soziale, ökologische und ökonomische Aspekte. Der neu erschienene CSR Guide 2024 zeigt in seiner mittlerweile 15. Ausgabe wie wichtig das Thema gerade jetzt ist.

„Heute ist die Welt der CSR eine ganz andere, als vor 15 Jahren bei der ersten Auflage des CSR Guides“, resümierte Herausgeber Michael Fembek bei der Präsentation des CSR Guides Anfang Februar. Mittlerweile sei verantwortliches unternehmerisches Handeln kein hübsches Beiwerk mehr, sondern Standard. Die EU habe mit dem „Green Deal“ und mit anderen Richtlinien die Diskussion rund um Zwang und Freiwilligkeit schlagartig beendet. Die Berichtspflichten, Klimawandel und Energiewende, die zunehmende Polarisierung der Welt sowie die Rolle künstlicher Intelligenz sind nur einige Themen, die uns zurzeit beschäftigen. Insbesondere in Zeiten des Umbruchs, wie sie gegenwärtig erlebt werden, erweise sich der CSR Guide als nützliche Ressource.

Innovative Ideen mit Zukunftspotential

Das Nachschlagewerk beinhaltet Daten von 449 heimischen Unternehmen und eine Übersicht der vorbildlichen Case-Studies, die vom Expert:innenrat des CSR Guide ausgewählt wurde. Eines dieser beispielhaften Unternehmen ist „Die Pflanzerei“. Gegündet wurde das Start-up von Nadina Ruedl. Sie produziert vegane „Fleisch“-Spezialitäten. Die Grundlage dafür war ein 17-seitiges Konzept, auf dessen Basis Die Pflanzerei vom Klimaschutz-Ministerium unter die zehn nachhaltigsten Start-ups des Jahres gewählt wurde und eine Förderung von 10.000 Euro erhielt. „Ich habe darin meine Mission beschrieben, wie ich mehr Transparenz, Regionalität und österreichische Wertschöpfung mit veganen hochwertigen Fleisch- und Wurstprodukten schaffe“, schildert Ruedl. Ihr Ziel: „Österreich kann für ausgezeichnete vegane Fleischersatzprodukte stehen, genauso wie die Schweiz für Schokolade.“

Mit der Förderung baute sie Social Media-Kanäle auf und entwickelte das Rezept für ihre erste vegane Fleischspezialität, den „Leverkas Gustl“. Sie suchte einen regionalen Metzger und begann, frisch zu produzieren. Als die Verkäufe sich auf zwei Tonnen im Monat steigerten, wechselte sie zu einem größeren Metzger, der zusätzlich zur Produktion die Rohstoffbeschaffung, Logistik und den Vertrieb übernahm. Dadurch konnte Ruedl die Kosten senken, die Energie- und Ressourceneffizienz verbessern – und damit auch den Kilopreis für den Endkunden reduzieren.

Mittlerweile wird der „Gustl“ in drei verschiedenen Variationen österreichweit über „die heiße Theke“ und im Kühlregal im Lebensmittelhandel, in Feinkostläden, in der Gastronomie, auf Messen und Märkten und über den eigenen Online-Shop verkauft. Weitere Produkte wie ein „Käse Rainer“, ein veganes Schnitz’l, Vleisch-Laibchen oder Vaschiertes wurden gelauncht. Und einen „Kaiserlichen Schmarrn“ gibt es selbstverständlich auch. Kontakte und Erfahrungen brachte Nadina Ruedl als Expertin für Markenführung und Vertrieb und ehemalige Lehrgangsleiterin für Leadership und Management mit.

Zusätzlich war sie zuvor Kommunikationsleiterin zweier Vereine, die sich für eine regionale und nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion einsetzen. „Ich habe diese Stationen gebraucht, um diesen Riesensprung in das Ungewisse zu wagen.“ Auf ein Angebot von Investoren verzichtete sie, denn „da heiratest du ja im übertragenen Sinn jemanden und das wollte ich nicht“. Finanziert wurde Die Pflanzerei daher aus Nadina Ruedls Erspartem, wobei sie von Anfang durch den Verkauf von Produkten liquid war. Der Umsatz hat sich im letzten Jahr vervielfacht, und zwei fest angestellte Mitarbeitende sind hinzugekommen. „Ich musste mir die Kernkompetenzen Agilität und Flexibilität sehr schnell aneignen. Seit der Gründung bin ich mit meinem Start-up von einer Krise in die nächste gegangen“, erzählt die frühere Apnoe-Taucherin. Die Zukunft werde nicht ruhiger werden. Die Marke soll stärker positioniert, die Website und der Direct to Consumer-Bereich – der Kontakt zum Endkunden – ausgebaut werden. Ein Ladenkonzept mit kleinen, veganen Metzgerei-Produkte zum Sofort-Essen und zum Mitnehmen ist geplant.

Alt und Jung unter einem Dach

Ein weiteres gelungenes Beispiel aus dem CSR Guide ist „Wohnbuddy“: Aktuell wohnen 200.000 Studierende in Wien, oft in prekären Verhältnissen auf beengtem Raum. Gleichzeitig leben viele Senioren alleine in zu großen Wohnungen und würden sich über Gesellschaft sowie meist auch einen finanziellen Zuschuss freuen. Hier setzt Wohnbuddy an: Die Plattform vermittelt private WGs für leistbaren Wohnraum in Verbindung mit generationenübergreifendem Zusammenleben. Die jungen Menschen (nicht unbedingt Studierende) leisten kleine Hilfsdienste, der andere Part (Senioren oder andere Personen mit Unterstützungsbedarf) stellen ein Zimmer zu fairen Preisen zur Verfügung.

„Unser USP ist, die richtigen Menschen zusammenzuführen, beide Generationen bzw. Seiten müssen die Situation als Bereicherung empfinden“, erklärt Marlene Welzl, die gemeinsam mit Manuel Schuler und Lukas Hecke 2015 die Vorgängerplattform WGE! gründete. Anfang 2019 kam es zur Neuaufstellung mit Wohnbuddy, die verbesserte Web-Plattform unterstützt mit Algorithmen beim Matching und bietet auch generationenübergreifendes Zusammenleben in Senioren- und Pflegeheimen. In Kooperation mit dem Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser wird leer stehender Wohnraum (meist Paar-Apartments) von der Jugend bezogen. Bis dato fanden 700 Personen erfolgreich zusammen, und 27 Zimmer in Wohnheimen sind vermietet. In weiterer Folge ist eine Expansion aus Wien hinaus angedacht. Dass die drei Visionäre am richtigen Weg sind, bestätigt eine hochkarätige Auszeichnung: Im Juni 2023 bekam Wohnbuddy das neue Label „Verified Social Enterprise“ verliehen. Noch mehr vorbildliche Unternehmensbeispiele gibt es im aktuellen CSR Guide.